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Stadt Offenbach

Handkäse und mehr

Die Ware von Hans-Jürgen Rühl spaltet die hessische Gourmet-Fraktion: Schmecken die blassgelben Taler am besten, wenn sie jung oder ausgereift sind? Lieber klassisch mit "Musik", modern mit Sauerrahm und Schnittlauch oder gar frittiert? Was aber alle echte Hessinnen und Hessen vereint: Handkäs' "stinkt" ganz und gar nicht - auch wenn der Duft dem Genuss vorauseilt.

Beschreibung

"Mit oder ohne Kümmel - halbfest oder reif?", lautet die Gretchenfrage, die Hans-Jürgen Rühl seiner Kundschaft stellt. Flugs werden dann zwei, drei oder gar zehn handtellergroße, blassgelbe Taler aufgegabelt, sorgfältig in Einschlagpapier gewickelt und über die Theke gereicht. So geht das einen ganzen Markttag lang. An guten Tagen werden mehrere Hundert "Handkäse" - ein Kuhmilchkäse aus Sauermilchquark - verkauft. Sein runder Bestseller wiegt exakt 62,5 Gramm. Nach einer Maßtabelle aus dem Jahr 1802 entspricht das zwei Unzen oder ein Achtel Pfund. „Diese historische Maßeinheit gilt nach wie vor beim Handkäs'", weiß Hans-Jürgen Rühl, der eigentlich Landwirt ist und im mitttelhessischen Solms wohnt.

Offiziell sollen die ersten hessischen Handkäse in Groß-Gerau geformt und in Mainz auf dem Markt feilgeboten worden sein. Auf dem Offenbacher Wochenmarkt ist das kulinarische Kulturgut mit dem g.g.A.-Gützeichen* seit fast 80 Jahren zu haben. Damals saß eine Hüttenbergerin in ihrer Heimattracht mit der markanten schwarzen Bandhaube, der "Maratz", auf einem Schemel. Vor ihr in einer Holzkiste - die handgeformten Käsetaler. "Sie wurde 'die Hockerin' genannt", erzählt Rühl und ergänzt: "Ich habe es da heute ein bisschen komfortabler in meinem Wagen". Der Marktbeschicker hat den Handkäse-Stand vor neun Jahren von der Käserei Weber aus Hüttenberg übernommen - der hessischen Handkäs'-Hauptstadt.   

Der Landwirt aus Solms verkauft neben Hüttenberger Handkäse auch Eier, Nudeln und hausmacher Wurst von einem benachbarten Metzger. Für Rühl ist Handkäse ein Grundnahrungsmittel, das er am liebsten klassisch mit "Musik" - mit Zwiebeln, Essig und Öl - genießt. "Meinen Handkäs' lege ich schon mittags ein, damit er am Abend gut durchzogen ist", verrät er. Doch in den Kühlschrank kommt der Käse nicht. "Handkäs' muss das Licht sehen", weiß der Genießer. Nur als Vorrat sollte er im Kühlschrank lagern und ist dort bis zu zwei Wochen haltbar. Handkäse kann sogar eingefroren werden. Im Notfall überlebt die Ware aber auch ein paar Tage ohne Kühlung: Für einen "Exil-Hessen" hat Hans-Jürgen Rühl mal zwei Kartons mit je 48 Käsetalern als Postpaket an die Nordseeküste verschickt.

Rezeptidee: Handkäs’-Salat mit Blutwurst

Zutaten:

  • 3 - 4 Handkäse (gereift)
  • ½ Kringel mittelfeste geräucherte Blutwurst
  • 1- 2 feste, säuerliche Äpfel (z.B. Renette, Jona Gold, Goldparmäne)
  • 2 rote Zwiebeln
  • 1 Becher (200g) Schmand oder saure Sahne
  • Salz und Pfeffer, frisch gemahlen

Zubereitung:

Blutwurst und Handkäse in kleine Würfel schneiden. Zwiebeln und Äpfel schälen und fein würfeln. In einer großen Schüssel den Schmand geschmeidig rühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dann Wurst, Käse, Äpfel und Zwiebeln unterheben. 1 bis 2 Stunden im Kühlschrank durchziehen lassen. Eventuell noch einmal nachwürzen. Kurz vor dem Servieren aus dem Kühlschrank nehmen, denn der Handkäs' sollte nicht zu kalt gegessen werden.

Tipp: Mit frischem Sauerteigbrot wird der Salat zu einem einer herzhaften "Brotzeit", mit Bratkartoffeln zu einem nahrhaften Hauptgericht. Für Gäste zaubert man eine schnelle  rusitkale Vorspeise, indem man drei bis vier Esslöffel des Handkä`-Blutwurst-Salats in kleine Weckgläschen füllt.

Gut zu wissen: Im Hessischen finden sich viele regionale Handkäse-Varianten. Es gibt Hessischen und Mainzer Handkäse, Odenwälder- und Bauernkäse.

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