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Stadt Offenbach

Stolperstein für Friedrich Julius, Sophie Grünebaum, geb. Reiss und Karola Grünebaum

Beschreibung

Am 28. September 1942 erreichte ein Zug, aus Darmstadt kommend, mit 1287 Jüdinnen und Juden das KZ Theresienstadt in Tschechien. Unter den rund 100 überwiegend älteren Menschen aus Offenbach und Umgebung waren auch Sophie und Friedrich Julius Grünebaum, 53 und 54 Jahre alt.

Sophie Reiss und Friedrich Julius Grünebaum hatten im Juni 1920 in Bügel geheiratet. Ihre Tochter Karola wurde 1921 in der Luisenstraße 69 geboren, wo die kleine Familie seit 1920 zur Miete wohnte.

Der Hausbesitzer und Metzger Philipp Blammeser besaß im Erdgeschoss des Hauses ein Metzgereigeschäft, das Friedrich Julius Grünebaum übernehmen konnte. In der Wirtschaftskrise musste Grünebaum das Geschäft 1930 schließen, seitdem hatte die Familie ähnliche finanzielle Sorgen wie ein großer Teil der Offenbacher Bevölkerung.

Von 1927 bis 1934 besuchte Tochter Karola die Bürgerschule in der Bahnhofstraße. 1934 musste sie, wie alle jüdischen Schulkinder, in die im April 1934 eröffnete jüdische Bezirksschule wechseln. Mit 14 Jahren ging Karola in einem Lederwarenbetrieb in die Lehre.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde auch die Wohnung der Familie Grünebaum verwüstet. Tags darauf gehörte Friedrich Julius Grünebaum zu einer Gruppe aus 82 Offenbacher Juden, die verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht wurden. Nach drei Wochen entließen die Nazis ihn unter der Bedingung, dass er mit seiner Familie Deutschland verlässt.

Eine Auswanderung kann sich die Familie nicht leisten, da Karolas Einkommen in dem jüdischen Lederbetrieb Alligator der einzige Familienunterhalt ist. Zum Jahresende 1938 muss auch die Firma Alligator, wie zahlreiche jüdische Betriebe, schließen.

Schweren Herzens entschloss sich die 18-jährige Karola zur Flucht aus Deutschland, sie durfte im Juli 1939 nach England ausreisen. Hier fand sie Arbeit und konnte - anders als ihre in Offenbach verbliebenen Eltern - in Sicherheit und im Schutz jüdischer Organisationen überleben. Später gründete sie hier eine Familie, von der zahlreiche Mitglieder bei der Stolperstein-verlegung in der Luisenstr. 69 am 23. Oktober 2019 anwesend waren.

Ihre Eltern Sophie und Friedrich Julius Grünebaum blieben in Offenbach und schickten Karola viele Briefe, in denen sie die besorgte Tochter beruhigen. Mit 99 anderen jüdischen Offenbachern werden sie im September 1942 aufgefordert, sich an dem Sammelpunkt neben der Synagoge an der Kaiserstraße einzufinden.

In Theresienstadt blieben sie bis zum Januar 1942. Am 29. Januar 1942 kamen sie auf einen Transport nach Auschwitz. Wann sie dort starben, ist nicht bekannt.

Stolperstein für Friedrich Julius, Sophie Grünebaum, geb. Reiss und Karola Grünebaum

Luisenstraße 69
63065 Offenbach

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