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Stadt Offenbach

Stolperstein für Lina Hertsch

Beschreibung

Lina Hertsch, geborene Kuhn, wurde am 15. Januar 1892 in Frankfurt geboren. In Offenbach lebte sie allein in der Senefelderstraße 66. Über ihre Familie gibt es keine weiteren Informationen.

Sie gehörte zu einer Gruppe, über deren Widerstand gegen die Nazis leider noch immer viel zu wenig bekannt ist. Es sind die Zeugen Jehovas, damals auch bekannt als „Ernste Bibelforscher“.

In Hessen wurde am 19. April 1933 das Betätigungsverbot für Bibelforscher erlassen. Sie waren den Nazis suspekt, denn sie lehnten jede staatliche Autorität ab und verweigerten jeglichen Militärdienst. Auf verschiedene Weise arbeiteten die Bibelforscher nach dem Verbot im Untergrund weiter. Sie verteilten unter anderem heimlich Flugblätter und Zeitungen. Bespitzelungen und Verhaftungen ließen nicht lange auf sich warten.

Der Widerstand der Bibelforscher gegen das NS-Regime begründete sich aus ihrem Glauben. Sie wollten keinem anderen außer ihrem Gott Treue schwören und waren konsequent gegen den Krieg eingestellt. So verweigerten sie die Mitgliedschaft in NS-Organisationen und gingen nicht zu den Wahlen. Außerdem weigerten sie sich, in der Militärproduktion zu arbeiten.

Im Konzentrationslager trugen die Bibelforscher ein lila Dreieck an der Häftlingskleidung. Auch im Lager wollten die Frauen beispielsweise keine Soldatenuniformen flicken und die Männer nicht den geforderten Schwur auf Hitler ablegen. Sie waren daher besonderen Schikanen ausgesetzt.

Es wird geschätzt, dass etwa 2000 Bibelforscherinnen und Bibelforscher von den Nazis umgebracht wurden, die meisten von ihnen in Konzentrationslagern.

Lina Hertsch wurde am 11. März 1937 verhaftet. Danach verurteilte ein Sondergericht in Darmstadt sie zu einer Gefängnisstrafe von 7 Monaten. Die konkrete Urteilsbegründung ist nicht bekannt. In ähnlichen Fällen ging es jedoch zumeist um die Werbung für die verbotenen Bibelforscher.

Von November 1937 bis Februar 1938 war Lina Hertsch im Frauen- und Jugend-konzentrationslager Moringen in Niedersachsen und kam danach in das KZ Lichtenburg. Später brachten die Nazis sie in das große Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück in der Nähe von Fürstenberg an der Havel.

Das Konzentrationslager Ravensbrück wurde im Herbst 1938 von Häftlingen des Konzentrationslagers Sachsenhausen bei Oranienburg gebaut. Es war das größte Frauen-Konzentrationslager Deutschlands, in dem insgesamt etwa 92.000 Frauen und Kinder starben. Alle Frauen litten ab 1941/42 unter der Prügelstrafe, die nach einem Besuch des Reichsführers der SS, Heinrich Himmler, noch verschärft wurde.
Nach den Berichten und der Schätzung einer Mitgefangenen von Lina Hertsch, Wilhelmine Hoffmann aus Offenbach, befanden sich unter den inhaftierten Frauen im KZ Ravensbrück 300-350 Angehörige der Bibelforscher.

Pate des Stolpersteines für Lina Hertsch ist Herr Bahr, Offenbach.
Verlegt am 21. Oktober 2006

Anreise

Adresse:

Stolperstein für Lina Hertsch
Senefelder Straße 66
63069 Offenbach

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Bildnachweise