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Stadt Offenbach

„Zuflucht nehmen“: Film und Diskussion beleuchten Hürden im Kampf gegen häusliche Gewalt

22.03.2024

Von links nach rechts: Laura Dinger, Offenbacher Frauen- und Kinderhaus, Regisseurin Selina Höfner, Luzia Rott von der städtischen Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention, Shaharasaad Abdi vom Offenbacher Frauen- und Kinderhaus.

„Du bist nicht genug, Du machst nicht genug“: Kommentare wie diesen muss sich Lucia jeden Tag von ihrem Partner anhören, häufig verbunden mit körperlicher Gewalt. Es dauert sehr lange, bis sie realisiert, was ihr zu Hause passiert und dass sie die Situation verlassen möchte. Lucia steht stellvertretend für viele Frauen, mit der Regisseurin Selina Höfer für ihre Dokumentation „Zuflucht nehmen“ sprach. Neben der Perspektive der betroffenen Frau kommen Mitarbeitende aus der Frauengewaltschutzarbeit in Berlin zu Wort. Thematisiert werden dabei die täglichen Hürden und strukturellen Herausforderungen, die Frauen und ihren Kindern den Zugang zu Schutz und Unterstützung erschweren. Zu sehen war der Film am Dienstag, 12. März, im Filmklubb im Rahmen der Offenbacher Frauenwoche, für die das Frauenbüro gemeinsam mit Kooperationspartnern vom 1. bis 15. März ein informativ-unterhaltsames Programm zusammengestellt hatte. Die Filmvorführung und das anschließende Gespräch in Anwesenheit der Regisseurin hatten die Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention des Frauenbüros und Frauen helfen Frauen Offenbach organisiert.

"Weil Gewalt gegen Frauen oft im Privaten und somit Verborgenen stattfindet, braucht es Filme wie diesen, um das Phänomen, etwas sichtbarer zu machen und Einblicke in die Praxis zu ermöglichen“, unterstrich Luzia Rott von der städtischen Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention bei der Begrüßung. 

Wir müssen diese Unsichtbarkeit dringend durchbrechen und ein Bewusstsein für die Lebensrealitäten und Bedarfe gewaltbetroffener Frauen schaffen.

Luzia Rott, städtische Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention

Das ist ganz im Sinne der Regisseurin des Films, Selina Höfner betont die Wichtigkeit, Licht in diesen Bereich zu bringen. Einblicke in die Praxis brachten Shaharasaad Abdi und Laura Dinger mit, beide arbeiten im Offenbacher Frauen- und Kinderhaus sowie der dazugehörigen Beratungsstelle. In Anspielung auf den Titel des Films meinte Dinger: „Zuflucht nehmen zu können ist leider ein ganz und gar schwieriger Weg. Nach der Entscheidung, die Gewaltsituation zu verlassen, kommen oft erst einmal Fragen und Unsicherheiten."

Wer zu uns kommt, den unterstützen wir beim Überwinden bürokratischer Hindernisse und versuchen, schnell zu helfen.

Laura Dinger, Offenbacher Frauen- und Kinderhaus

Erschwert wird die Situation durch den engen Wohnungsmarkt, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat vor allem für Frauen und Kinder, die vor Gewalt fliehen wollen, existentielle Folgen: Oft bleibt ihnen in der Akutsituation Wohnung oder Zugang zum Frauenhaus verwehrt, wodurch sie in der gewalttätigen Umgebung verbleiben müssen. Die Stadt Offenbach hat das Problem erkannt und die Planung eines neuen, inklusiven Frauen- und Kinderhauses mit erweiterten Kapazitäten angestoßen. Immerhin, meint Abdi, denn noch immer gibt es große strukturelle Defizite, wenn es um einen umfassenden Gewaltschutz für alle Frauen geht. Dazu zählt sie die einzelfallunabhängige Finanzierung von Frauenhausplätzen, die flächendeckende Bereitstellung von Unterstützungsangeboten sowie den Zugang zu Schutz und Unterstützung für Frauen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus.

Etliche Gäste zeigten sich nachdenklich und ergriffen, eine Immobilienbesitzerin dachte laut über ihr eigenes Vermietungsangebot nach: Damit könne sie Frauen in Notsituationen konkret unterstützen. 

Das ist mehr als man sich nach einem solch intensiven Abend wünschen kann, wenn ein Band der Solidarität Frauen auch über den Tag hinaus verbindet.

Luzia Rott, städtische Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention

Hilfe für betroffene Frauen und Kinder:

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