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Stadt Offenbach

Mozart, André, Offenbach – der Klang der Zeitkapsel

26.04.2024

Felix Schwenke, Karin Wolff (Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain), Hans-Jörg André (Geschäftsführer und Inhaber Musikhaus und Musikverlag André), Linda Knauer, Ralph Philipp Ziegler.

Ganz nah dabei sein, wenn eine klingende Zeitkapsel geöffnet wird, die Musik aus 250 Jahren hör- und erlebbar macht? Das geht beim Projekt „Mozart, André, Offenbach – der Klang der Zeitkapsel“, mit dem die Stadt Offenbach in einem groß angelegten Festjahr das 250-jährige Bestehen des (soweit der Stadt bekannt) ältesten noch familiengeführten genuinen Musikverlags der Welt feiert.

Wo viele hauptsächlich robuste Industriestadt-Hinterlassenschaften sehen, gibt es in Offenbach parallel eine große Vergangenheit unter anderem aus der Goethezeit. Der Verlag André – heute mitten in der Fußgängerzone – wurde 1774 gegründet und hat fast 18.000 Musikstücke herausgebracht. „Darunter sind, das ist sozusagen kulturelles Pflichtwissen für jede Offenbacherin und jeden Offenbacher, 79 Erstausgaben von Wolfgang Amadeus Mozart“, hebt Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke hervor, der früher als Hobbypianist selbst begeistert Mozart am Klavier spielte. Im Jubiläumsjahr präsentieren Offenbach und die Region Musik aus dem André-Archiv in Sinfonie- und Opern-, Kammer-, Vokal-, Klavier- und Orgelkonzerten sowie einer zentralen Ausstellung: Eine Auswahl aus dem mehr als 16.000 Ausgaben, vielen Partiturhandschriften und historischer Korrespondenz von 1774 bis in die 1940er Jahre umfassenden Archiv

Wir feiern mit diesem Festjahr eine goldene Epoche von Kunst und Kultur in Offenbach, das darf man in diesem Falle tatsächlich so vollmundig sagen.

Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke

„Nicht überraschend war es die Zeit, als wohlhabende Frankfurter Familien um ein Sommerhäuschen am Offenbacher Mainufer wetteiferten“, so Oberbürgermeister Schwenke. Die Familie André, so der Kulturdezernent, machte Offenbach zu einem Begriff für viele der wichtigsten Musikerinnen und Musiker der Zeit : „Der Musikverlag André hatte vor allem in seinen ersten Jahrzehnten ein herausragendes Gespür für die Musikwelt und zog das Who is Who der Komponisten an.“ Nicht zu vergessen, so Schwenke, dass auch die Familie André als Glaubensflüchtlinge in die weltanschaulich tolerante Stadt gekommen sei. „Die einst südfranzösische Familie ist schon seit sehr langer Zeit eine der etablierten und verdienstvollen Alt-Offenbacher Familien und damit Teil dessen, was Offenbach als die Seele Hessens ausmacht.“

Karin Wolff, Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain, unterstützt das Festjahr mit Begeisterung: „Wir haben guten Anlass, dem Musikhaus André zum Jubiläum zu gratulieren – umso mehr aber uns allen, dass wir gedruckte Noten kaufen können und: dass nicht nur Mozart, sondern zahlreiche hervorragende Komponisten unserer Region überhaupt das Licht der Verlagswelt und damit der Öffentlichkeit erreicht haben. Davon gibt es noch einiges zu entdecken – viel Erfolg dabei!“

Hans-Jörg André, Inhaber und Geschäftsführer des Musikhauses André, freut sich sehr auf das Festjahr: „Ein Jubiläums-Festival mit fast 30 Veranstaltungen, so haben wir noch nie gefeiert. Und ganz zentral steht das historische Verlagsarchiv, unsere „Zeitkapsel“. Dass sich meine Heimatstadt und unser Firmensitz Offenbach mit Oberbürgermeister Felix Schwenke und Kulturamtsleiter Ralph Philipp Ziegler von diesem Jubiläum und dem Potenzial der Musik im Archiv haben so begeistern lassen, macht etwas mit einer enormen Ausstrahlung möglich, das wir alleine nie hätten auf die Beine stellen können.“

Das musikalische Programm im Jubiläumsjahr

Das Jubiläumsprogramm entwickelt hat Kulturamtsleiter Dr. Ralph Philipp Ziegler, der von Haus aus Musikwissenschaftler ist.

Das seit 250 Jahren bestehende Archiv des Musikverlags zählt international zu den bedeutendsten Beständen seiner Art.

Kulturamtsleiter Ralph Philipp Ziegler

„Die enorme Fülle vergessener und qualitätvoller Musik gibt uns die Möglichkeit, neugierig und spielerisch ein besonders ereignisreiches Programm zu gestalten – und das Werk des André-Verlags aus 250 Jahren würde musikalisches Material für Dutzende von Jubiläumsjahren hergeben“, so Ziegler.

Rund 30 Termine stehen auf dem Jahresprogramm, darunter vier Sinfoniekonzerte. Am 12. Mai spielt das Capitol Symphonie Orchester unter Douglas Bostock im Capitol Theater Offenbach aus historischen André-Ausgaben Asger Hameriks Symphonie Nr. 2 und Mozart-Werke mit dem Klarinettensolisten Fabio di Càsola. Am 20. September führt das Orchester unter Friedrich Praetorius Johann Anton Andrés Ouvertüre „Die Hussiten vor Naumburg“, Mozarts Fagottkonzert mit der ehemaligen Frankfurter Opern-Solofagottistin Lola Descours sowie Paul Wranitzkys Sinfonie D-Dur Op. 36 im Mozartsaal der Alten Oper Frankfurt auf. Das einzige handschriftliche Werk aus der Feder Wolfgang Amadeus Mozarts, das dem Hause André erhalten geblieben ist, kommt bei der Capitol Classic Lounge am 6. Oktober zum Klingen. Es handelt sich um eine Um-Instrumentierung des Violinkonzerts Nr. 16 e-Moll von Giovanni Battista Viotti, das der 2. Konzertmeister des hr-Sinfonieorchesters Maximilian Junghanns unter Leitung von Michael Hofstetter spielen wird. Komplettiert wird das Programm mit der „Großen Sinfonie in Es-Dur“ von Johann Anton André und Mozarts Ouvertüre zu „Don Giovanni“. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester schließlich widmet sein 4. Museumskonzert am 15./16. Dezember dem 250-jährigen Bestehen des Musikverlags – und führt zu dessen Ehren unter Leitung von Simone Young Mozarts 26. Klavierkonzert D-Dur mit Solist Martin Helmchen sowie Erich Wolfang Korngolds Sinfonie Fis-Dur in der Alten Oper Frankfurt auf. Bei dem sogenannten „Krönungskonzert“, das Mozart für sich selbst als Solisten geschrieben hat, hatte der Komponist nur die rechte Hand ausnotiert, den Rest des Klaviersatzes schrieb Johann André im Mozartschen Stil dazu.

Groß gefeiert wird beim Festakt am 7. Juni in der Alten Schlosserei der Energieversorgung Offenbach. Der Abend schlägt mit der Uraufführung „Sketches on André“ des deutschen Jazzpianisten Christof Sänger mit seinem gleichnamigen Trio und Klarinettist Ib Hausmann, des Polish String Quartet Berlin sowie Redebeiträgen u. a. von Schauspieler, Kabarettist und Conférencier Michael Quast die Brücke zwischen Wiener Klassik und Offenbacher Gegenwart. 

Die Reihe „Musica Sacra“ präsentiert Kirchenmusik aus dem Andréschen Archiv: am 26. Mai in der Kirche St. Paul das „Te deum laudamus“ Op. 38 von Johann Anton André mit dem Offenbacher Oratorienchor/Sängerverein 1826 und am 2. Juni in der Kirche St. Marien die Messe B-Dur von Franz Danzi, Orgelstücke von Johann Anton André und eine Brahms-Motette, dargeboten vom Süddeutschen Kammerchor unter Leitung von Gerhard Jenemann. Olaf Joksch-Weinandy widmet sich am 23. Juni in der Französisch-Reformierten Kirche Orgelmusik aus dem Hause André. Beim Konzert in der Johanneskirche zum Buß- und Bettag am 20. November führen die Rhein-Main-Vokalisten mit den Jungen Sinfonikern unter Leitung von Prof. Jürgen Blume unter anderem die großzügig besetzte Messe Nr. 2 c-Moll von Johann Anton André auf. 

Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ bringen Solistinnen und Solisten mit dem Orchester der Rumpenheimer Hofmusik unter Leitung von Roland Böer, Generalmusikdirektor des Staatstheaters Nürnberg, am 16. November in der Sparkasse Offenbach neu zu Gehör.

Literatur und Musik finden bei zwei Veranstaltungen des Pianisten Jens Barnieck und einem Gesprächskonzert zusammen. „O Mond, du bist mir wie ein später Freund …“ verknüpft am 13. September in der Freireligiösen Gemeinde Offenbach Gedichte und Geschichten zur Nacht mit musikalischen Nocturnes. „Czerny oder der Engel der Geduld“ kombiniert ebenfalls dort am 11. Oktober Musik des Beethoven-Schülers Carl Czerny mit vergnüglichen Lesungen aus Briefen des Meisters an seinen Verleger Johann Anton André. Und die „Offenbacher Allianzen“ setzen am 15. November im Klingspor Museum den Komponisten Erich Riede, die Schriftstellerin Martha Wertheimer und deren Oper „Riccio“ in einem Gespräch mit Rezitation in den Fokus.

Junge Musikerinnen und Musiker erhalten beim Theaterkonzert „Ein Tag voller Mozart – und André“ der Musikschule Offenbach e. V. am 28. September in der Alten Schlosserei der EVO sowie beim Kammerkonzert des Music Campus Frankfurt RheinMain unter der Leitung von Violinistin Franziska Hölscher am 4. November in der Sparkasse Offenbach eine Bühne für ihr Talent.

Die guten Beziehungen, die der Verlag in die ganze Welt und insbesondere auch nach Wien unterhielt, sind Ausgangspunkt für ein Konzert des Trio Fortepiano in der Loge Carl und Charlotte zur Treue am 9. Juli. Auf dem Programm stehen neben Mozarts samtig melancholischer „Maurerischen Trauermusik“ Werke von Johann und Johann Anton André sowie das Trio g-Moll von Adalbert Gyrowetz, seinerzeit Hoftheaterkapellmeister in Wien.

Chorkonzerte des Sängerkreises Offenbach und der Offenbacher Kantorei, Sommerabendkonzerte mit Kammermusik in der Stadtkirche, der MuseumsSalon im Metzlerschen Badetempel, ein - Konzert der Pianistin Esther Walkerund ein Weihnachtskonzert runden das vielfältige Programm zur Feier des Jubiläums ab.

Ausstellung und Programmbuch

Anhand von Notendrucken und Briefen, historischen Instrumenten, Bildern aus dem Familienbesitz oder Informationen zu den im André-Verlag herausgegebenen Komponisten und Komponistinnen inszeniert und vermittelt die Ausstellung „Der Klang der Zeitkapsel“ vom 5. Juli bis 24. August ein Vierteljahrtausend (Kultur-)Geschichte im Haus der Stadtgeschichte. Begleitet wird die Ausstellung von einem Rahmenprogramm, das mit musikalischen Ferienspielen, Führungen, Lesungen und Vorträgen Programmpunkte für Jung und Alt bereithält. Eine digitale Ausstellung bereitet die Informationen und Exponate interaktiv auf.

Wer tiefer in das Thema eintauchen möchte, findet im Programmbuch zum Jubiläumsjahr neben ausführlichen Informationen zum Veranstaltungsprogramm musikwissenschaftliche Beiträge von Prof. Dr. Axel Beer, Birgit Grün M.A., Dr. Ralph Philipp Ziegler und Dr. Jennifer Jessen zur Familien- und Verlagsgeschichte. Hochwertige Fotos aus dem alten Musiklager des Verlags sowie Abbildungen von Notenmaterial machen die Zeitkapsel auch visuell erlebbar.

Weitere Infos zum gesamten Programm unter www.offenbach.de/klangderzeitkapsel. Anmeldung zum Jubiläums-Newsletter des Musikhauses André unter www.andre250.de.

Förderer und Sponsoren

Das Projekt wird großzügig unterstützt durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die Kulturstiftung der Städtischen Sparkasse Offenbach am Main, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, die Frankfurter Volksbank Rhein/Main, die Stiftung Citoyen, die Dr. Marschner Stiftung, den Freimaurer Wohltätigkeitsverein, die Internationale Stiftung zur Förderung von Zivilisation und Kultur, die Freunde des Capitol Theaters Offenbach und das Musikhaus André.

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