Blerina Troni, Jahrgang 1997
Nach dem Abitur geht man studieren. Oder auch nicht? Ich war mir 2017 nicht sicher, wie es für mich weitergehen soll, hatte viele Interessen und Optionen. Einerseits wollte ich unbedingt studieren, andererseits wollte ich eine Ausbildung abschließen, um schon mal etwas in der Hand zu haben. Nach ewigem hin und her bewarb ich mich bei der Stadt Offenbach zur Ausbildung im mittleren Dienst. Es hat geklappt und ich begann die Ausbildung 2019. Es lief super: Ich fühlte mich von den Kolleg*innen gut aufgenommen und die Betreuung durch die Ausbildenden erleichterte den Einstieg in das Berufsleben, die vielfältige Arbeit in verschiedenen Ämtern machte Spaß und auch die Theorie war erstaunlich interessant. Nach zwei Jahren hatte ich die Ausbildung in der Tasche und konnte endlich arbeiten, denn das wollte ich ja unbedingt. Ich begann im Wohnung-, Versicherungs- und Standesamt als Sachbearbeiterin in der Abteilung Versicherungsamt. Dort kümmerte ich mich um Rentenangelegenheiten. Die Arbeit machte mir Spaß und ich konnte schnell Verantwortung übernehmen.
Es verging nicht viel Zeit und ich entdeckte die Ausschreibung für den Aufstieg in den gehobenen Dienst, also das duale Studium Public Administration. War jetzt doch der Zeitpunkt zum Studieren gekommen? Das wollte ich eigentlich von Anfang an, haderte nun aber doch mit meiner Entscheidung – denn gerade hatte ich mich doch in meinem Beruf eingefunden und konnte selbstständig arbeiten. Das altbekannte hin und her fing wieder an: Ich fragte Familie, Freund*innen und Kolleg*innen, was ich tun soll. Die Antwort war durchweg dieselbe: „Nutz die Chance!“. Dennoch war ich mir unsicher, es fühlte sich an, als würde ich meine Abteilung im Stich lassen. Außerdem wusste ich auch nicht, ob ich dem Studium gewachsen bin. Ich war schon so daran gewöhnt zu arbeiten, dass ich mir nicht mehr vorstellen konnte, die Schulbank zu drücken. Der Bewerbungsschluss näherte sich und ich musste langsam entscheiden. Klar, alle fanden die Idee super, aber als meine Kolleg*innen und Vorgesetzten, die mich gerade erst eingearbeitet hatten, mir sagten, dass sie es verstehen und mich in meiner Entscheidung unterstützen, stand fest: Ich bewerbe mich – und wurde genommen! Ein neuer Abschnitt bei der gleichen Arbeitgeberin begann.
Ich hatte mir vorgestellt, dass die folgenden drei Jahre ewig andauern würden und es sehr schwer werden wird, wieder zu lernen. Heute befinde ich mich bereits im letzten Semester des Studiums und weiß nicht wohin die Zeit geflogen ist.
Bereue ich meine Entscheidung? Nein, überhaupt nicht – aber ich bin mir sehr sicher, dass es nicht so gewesen wäre, wenn ich nicht so eine Unterstützung erhalten hätte. Neben der Familie und meinen Freund*innen unterstützten mich auch meine ehemaligen Kolleg*innen im Versicherungsamt und nahmen mir das Gefühl, jemanden im Stich zu lassen. Im September 2020 ging dann das Studium an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit los. Mein Alltag änderte sich wieder komplett. Ich musste mich wieder daran gewöhnen, dass ich nicht Nachhause komme und Feierabend habe, sondern lernen und Hausarbeiten vorbereiten muss.
Andrea Kutzner-Behr, Jahrgang 1961
Meine Güte… kommt ihr mal in mein Alter, dann macht auch ihr die Erfahrung, dass im Nachhinein die berufliche Zeit unglaublich schnell vergangen ist.
Vor etwa 30 Jahren begann ich bei der Stadt Offenbach am Main. Wie viel Glück ich mit meiner Wahl hatte, ist mir erst im Laufe der Zeit aufgegangen. Ich wollte einen abwechslungsreichen Job, der Veränderungsmöglichkeiten und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie bot. Diese Rechnung ist komplett aufgegangen!
Für meine berufliche Laufbahn hatte ich keine Pläne, ich war einfach froh, eine interessante Arbeit zu haben und jeden Monat zuverlässig mein Entgelt auf dem Konto – das habe ich als echten Luxus empfunden, nachdem ich einige Jahre unter eher prekären Bedingungen studiert hatte und immer nebenbei für eine Finanzierung sorgen und jobben musste.
In meinem bisherigen Arbeitsleben haben sich die Arbeitsbedingungen sukzessive, aber sehr stark, verändert. Zum einen gab es früher ein „Schreibbüro“, man diktierte seine Schreiben, gab das Tape dorthin und erhielt nach unterschiedlicher Zeit das Schreiben zum Verschicken zurück. Seit der Computer etwa Mitte der 90er Jahre schrittweise Einzug erhielt, schreibt man seine Sachen natürlich selbst, was den Prozess beschleunigte. Durch den E-Mail-Verkehr hat sich das Tempo verstärkt und inzwischen ist an der Tagesordnung, dass man tagaktuell viele Mails hin- und herschreibt.
In den drei Jahrzehnten haben sich neben der Technik auch die Führungskräfte verändert. Während sich früher die Aktenberge bei der Amtsleitung zur Unterschrift häuften, wurde im Laufe der Zeit richtig viel delegiert und etliches wird von der Sachbearbeitung selbst entschieden und unterschrieben. Als Mitarbeiter*in wurde man immer mehr in Entscheidungsprozesse eingebunden und konnte und kann sich an vielfältigen Projekten beteiligen. Im Laufe der Zeit habe ich dann erfahren, wieviel Spielraum ich für ein lösungsorientiertes Arbeiten nutzen kann und dass ich Verantwortung schrittweise immer mehr übernehmen kann und darf. Diese Möglichkeiten, dieser Freiraum, bedeuten für mich viel mehr Gestaltungsfreiheit und dadurch mehr Spaß an der Arbeit. Eine tolle Entwicklung!
Jetzt blicke ich zurück, bin aber lange noch nicht am Ende. Gerade habe ich mich nochmals einen Schritt weiter gewagt und die Stelle der stellvertretenden Abteilungsleitung der Personalbetreuung im Personalamt übernommen. Das sogenannte operative Geschäft liegt mir, sodass ich lange Zeit nichts Anderes wollte. Nun aber stelle ich fest, dass die Kombination aus operativ arbeiten und führen mir viel Freude macht und mir für die letzten Jahre nochmal einen richtigen Motivationsschub gibt. Die Fortbildung für Führungskräfte hat gerade gestartet. Diese Veranstaltung wird mich ein Jahr lang begleiten (circa 16 Tage insgesamt), die Themen – wie beispielsweise „Digitales Führen“ – klingen hochinteressant und persönliche Gespräche mit den Trainer*innen werden auch geführt. Ich finde klasse, dass die Stadt Offenbach derart in Führungskräfte investiert und freue mich schon sehr darauf!