Inhalt anspringen

Stadt Offenbach

Alles eine Frage der Zeit – Vom Flexibelsein im öffentlichen Dienst

In dieser Ausgabe unserer Kolumne Fristgerecht beschreibt Tarek Mazrouh, Mitarbeiter mit den Schwerpunkten Flächenmanagement, Standort- und Betriebsberatung in der Wirtschaftsförderung, wie er die flexible Arbeitszeit der Stadtverwaltung nutzt, um die Zeit während und nach der Geburt seines Kindes mitzuerleben.


„Auch Männer können sehr wohl in Elternzeit gehen“ schrieb die erste Kolumnistin in ihrem Beitrag über das Mutterwerden im öffentlichen Dienst – stimmt, und ist doch normal. Oder? Es scheint bei der Stadt Offenbach so zu sein, denn meinem Wunsch nach einer Baby-bedingten Auszeit und anschließender Stundenreduktion konnte ohne Probleme entsprochen werden (ohne, dass mir dafür ein extra Applaus zu Ohren gekommen wäre). Für mich war klar, dass ich nach der Geburt mindestens zwei, eher drei Monate ganz für die Familie da sein möchte – passiert doch in dieser Zeit viel und auch die neue Rolle will gelernt sein. So begann die Planung. 

Dienstlich sah es zu dem Zeitpunkt gut aus: Das Immofrühstück wäre zum Geburtstermin bereits gehalten und die daraus resultierenden Nacharbeiten erledigt. Vor der Tür stand die minimal entspanntere Sommerzeit, sodass auch die Vertretung meiner Aufgaben nicht ganz so belastend für Kolleg*innen gewesen wäre.

Doch wie so häufig, kam es anders: Der Termin des Immofrühstücks musste nach hinten verschoben werden (sehr, sehr nah an den voraussichtlichen Geburtstermin) und ein Kollege verließ das Team. Vieles lief somit auf meinem Schreibtisch zusammen, aber am Ende hat alles gut geklappt. Nur die Vorfreude-Phase auf das Kind fiel ein bisschen kürzer aus, als geplant …

Parallel zum Endspurt im Job musste ich mich mit der Frage auseinandersetzen, wie die dreimonatige Auszeit und der anschließende Verdienstausfall durch die Teilzeit finanziert werden können. In dieser Zeit soll es ja durchaus zu einigen mehr oder weniger sinnvollen Einkäufen kommen.

Klar, als Vater steht mir Elterngeld zu. Diese Unterstützung lässt sich prinzipiell in nahezu jeder denkbaren Variante ihrer Ausprägungen Basiselterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus kombinieren. Wir empfanden den Weg dorthin jedoch als derart hürdenreich (hier ist definitiv Luft nach oben in Sachen behördlicher Beratung), dass eine Alternative immer attraktiver wurde:

Warum nicht die verschiedenen Möglichkeiten des flexiblen Einsatzes von Arbeits- und Urlaubszeiten in Anspruch nehmen, die die Stadt Offenbach mir als Arbeitgeberin bietet?

Bei mir hatten sich im Laufe der Zeit einige überzählige Stunden sowie etwas (Rest-) Urlaub angesammelt, der jetzt Geld wert war. Dazu kommt ein Instrument, bei dem hessische Beamt*innen parallel zu ihrer Dienstzeit Zeitguthaben auf einem sogenannten Lebensarbeitszeitkonto (kurz LAK) sammeln. Für jede Woche Dienstzeit in Vollzeit gibt es eine Stunde auf dem LAK gutgeschrieben. Dieses Angebot soll den Unterschied der wöchentlichen Arbeitszeit zwischen beamteten und arbeitnehmenden Mitarbeitenden reduzieren (Beamt*innen arbeiten 41 Stunden in Vollzeit, Beschäftigte in der Regel 39 Stunden). Üblicherweise wird dieses Guthaben vor Pensionseintritt genutzt. Es ist aber auch vorher möglich Zeit abzubuchen, für welche Zwecke auch immer. Und auch beim Rest-Urlaub haben Beamt*innen mit Ende September etwas mehr Zeit diesen anzutreten, sofern denn welcher übrig ist.

Rechnete ich nun alles zusammen, kamen mit Urlaubstagen, überzähligen Arbeitsstunden und Guthaben aus dem LAK drei dienstfreie Monate bei vollem Lohn heraus. Soweit, so entspannt. Aber, wie allgemein bekannt, rast die Zeit ja nur so davon, sodass auch drei Monate Auszeit am Ende zwar ein schöner aber kurzer Stopover waren. Deshalb entschied ich mich, meine Arbeitszeit von 41 Stunden pro Woche auf 32 Stunden zu reduzieren – was problemlos möglich war.

Was nach einem tollen Plan klingt, braucht in der realen Welt ehrlicherweise etwas Zeit zum Justieren – wie bei allen Veränderungen. Denn zurück am Schreibtisch herrschte (sehr) schnell wieder Routine. Gespräche, Nachfragen, Termine, Informationen und Recherchewünsche hatten sich während der Abwesenheit angesammelt und wollten bedient werden. Und auch das tagesaktuelle Geschehen wollte dem in nichts nachstehen. Willkommen in der VUCA-Welt der Offenbacher Wirtschaftsförderung, mit ihren vielfältigen und zunehmend komplexen Herausforderungen!

Herausfordernd ist, wenn der normale Workload auf weniger verfügbare Zeit trifft. Aber auch hier zeigt sich die Vereinbarung über flexible Arbeitszeiten als Erleichterung. Arbeitszeiten und Auszeiten können dadurch nah am eigenen Bedarf ausgerichtet werden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Momente gibt, in denen Termindruck, Wünsche und Gewohnheiten, insbesondere aber der eigene Anspruch an die Qualität der Arbeit, Grenzen aufzeigen. Außerdem nimmt das Privatleben nun noch einen deutlich höheren Stellenwert ein – etwa dann, wenn man am ersten Brei-Spektakel teilhaben möchte. Hier wird sicherlich die Zeit helfen, sich an das neue „Normal“ zu gewöhnen und die Prozesse zu sortieren. Gelohnt hat es sich allemal, diese Schritte zu gehen!

Übrigens: Trotz straffem Zeitplan im Job und Zuhause konnte diese Kolumne, zwar am letztmöglichen Tag, aber dennoch fristgerecht abgegeben werden – einem flexiblen Feierabend sei Dank.


Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise