Nach Großbrand: Bisherige Schadstoffuntersuchungen unbedenklich
24.08.2023
Seit dem Großbrand in einem Batterie-Recyclingbetrieb am Sonntag, 20. August, stehen die Behörden der Stadt Offenbach im engen Austausch mit dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Betreiber der Anlage, um die Aufräumarbeiten, die Reinigung betroffener Grundstücke und weitere Schadstoffuntersuchungen im Stadtgebiet zu koordinieren. Das eingesetzte Löschwasser, das vorsorglich aufgefangen wurde, wurde zwischenzeitlich zur Weiterleitung an die Kläranlage freigegeben. Es enthielt nach Analyse durch ein von der Feuerwehr beauftragtes Labor keine bedenklichen Konzentrationen schädlicher Stoffe. Es wurde auf Rückstände von Lithium, Cadmium, Nickel, Mangan, Zink, Kupfer sowie weitere Leicht- und Schwermetalle untersucht.
Wie bereits bekanntgegeben, waren auch die sofort nach Brandbeginn durch die Feuerwehr eingeleiteten Luftmessungen im Stadtgebiet unauffällig, da sich die potenziell giftigen Stoffe aus den verbrannten Batterie-Akkus schnell mit der Luft vermischt und dadurch verflüchtigt haben. Aufgrund der windstillen Wetterlage stand die Rauchsäule sehr hoch, der Wind kam überwiegend von Norden, sodass während des Brandes vor allem in südlicher gelegenen Stadtbezirken ein Risiko durch die bei Bränden typischerweise entstehenden Rauchgase bestand. Vorsorglich hatte die Feuerwehr die Bevölkerung im gesamten Stadtgebiet aufgerufen, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Rauchgase können zu Reizungen der Schleimhäute (Augen, Hals) führen. Deshalb gab die Feuerwehr erst Entwarnung, nachdem der Brand gegen 3 Uhr nachts gelöscht war.
Bedenkliche Konzentrationen von Schadstoffen, wie sie bei Batteriebränden entstehen, konnten durch die Luftmessungen an den unterschiedlichen Messstellen im Stadtgebiet noch in der Nacht ausgeschlossen werden. Untersucht wurden die Luftproben auf polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) und Dioxine.
Umgang mit Brandrückständen und Rußablagerungen
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Betriebs wurden Brandrückstände und Teile von Batteriekörpern gefunden, die fachgerecht entsorgt wurden. Die Rückstände stammen von Füllmaterialien (sogenanntes Vermiculit), wie sie üblicherweise in Abfallbehältern zum Einsatz kommen. Diese Rückstände können aufgesammelt und im Restmüll entsorgt werden. Vermiculit dient als Füll- und Isoliermaterial bei der Lagerung von Batterien, um Kontakt zwischen den Batterien und damit die Gefahr von Kurzschlüssen zu reduzieren. Dieser mineralische Stoff gilt als unbedenklich und wird beispielsweise auch in Katzenstreu, in Hautpflegeprodukten oder als Deckmaterial von Gemüsepflanzen verwendet. Die Grundstücke wurden durch das Unternehmen gereinigt.
In Folge der Rauchwolke ist es an weiteren Stellen in der Stadt neben den Rückständen des Füllmaterials zu stärkeren Rußablagerungen gekommen. Ruß entsteht bei jedem Brand durch eine unvollständige Verbrennung kohlenstoffhaltiger (organischer) Stoffe. Ein Teil davon verbleibt im Brandgut, ein anderer Teil wird durch die Rauchgase in die Umgebung abgegeben. Auf Oberflächen kann Ruß mit Wasser abgewaschen werden. Auf den Verzehr von Obst und Gemüse, das sichtbar verrußt wurde, sollte vorsorglich verzichtet werden.
Bisher haben sich vier Geschädigte beim Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz gemeldet. Ihre deutlich weiter vom Betrieb entfernten Grundstücke befanden sich im Einzugsbereich der Rauchwolke. Hier hat das Umweltamt zwecks direkten Austauschs den Kontakt zur Betreiberfirma hergestellt. Zudem werden auf ausgewählten Privatgrundstücken von einem unabhängigen Umweltfachinstitut Bodenproben bis in eine Tiefe von fünf Zentimetern genommen, um auch längerfristige Gesundheitsgefahren ausschließen zu können. Zusätzlich zu den Proben auf den Privatgrundstücken werden in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Offenbacher Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz weitere Proben auf ausgewählten Flächen im Stadtgebiet genommen, unter anderem auf den Spielplätzen Kettelerkrankenhaus und Lichtenplattenweg. Mit ersten Analyseergebnissen ist im Laufe der kommenden Woche zu rechnen.
Neue Sicherheitsvorkehrungen für Betrieb getroffen
Zur Frage der Genehmigungen und Auflagen für den Betrieb an der Brockmannstraße / Mühlheimer Straße war zwischenzeitlich auch Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke mit dem Regierungspräsidium (RP) Darmstadt im Gespräch. Das RP ist gemäß Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) die zuständige Behörde für die Genehmigung und Aufsicht dieses Betriebes. Das Unternehmen verfügt nach Angaben des RP über „eine bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung“. OB Schwenke betonte: „Die Sicherheit der Menschen in Offenbach hat für mich höchste Priorität. Deshalb darf der Betrieb an dieser Stelle auf keinen Fall einfach so weitergehen wie bisher. Ich sehe aber an den öffentlichen Äußerungen, dass das Regierungspräsidium seine Aufsichtspflicht sehr ernst nimmt. Das ist gut.“
Wie das RP weiterhin mitteilt, ist die „fortlaufende Erhöhung der Sicherheit das Ziel aller Beteiligten“. Ein Änderungsgenehmigungsverfahren befindet sich deshalb bereits in der Endphase der Vorbereitung. Geplant ist, dass die aus den Haushaltsbatterien aussortierten Lithium-Ionen-Batterien in geschlossenen Sicherheitscontainern mit aktiver Löschhilfe gelagert werden. Diese ist in der Lage, Entzündungen durch Sauerstoffentzug und Aerosolkühlung im Keim zu ersticken. Die Planungen hierfür waren nach Angaben des RP und des Unternehmens bereits weit fortgeschritten. Die Anlage soll stufenweise erst wieder in den Betrieb gehen, wenn diese Sicherheitscontainer oder eine andere vergleichbar sichere Lösung einsatzbereit sind.
Hintergrund des Genehmigungsverfahrens ist, dass die Industrie immer größere Batterien auf den Markt bringt und damit die Entsorgungsbranche vor die Herausforderung stellt, wie sie die von den Verbrauchern genutzten Batterien nach der Verwendung in immer größerer Menge sicher und umweltgerecht entsorgen kann. Die Anforderungen an die Entsorgungsbranche steigen und deshalb arbeitet sie an neuen technischen Lösungen, die nun auch auf dem Offenbacher Betriebsgelände zur Anwendung kommen sollen. Dadurch können Brände in einer ähnlichen Dimension wie am 20. August verhindert werden.
Akkus sicher entsorgen
Verbraucherinnen und Verbraucher können selbst zur Sicherheit bei der Batterieentsorgung beitragen, indem sie vor der Entsorgung die Polklappen der vergleichsweise schnell entzündbaren Lithium-Ionen-Akkus abkleben. Dies verhindert Kurzschlüsse der Batterien während des Transports oder der Lagerung, die wiederum zu Hitzeentwicklung und schließlich Bränden führen. Aufgrund der Brandgefahr und der verbauten Schadstoffe dürfen Batterien und Akkus auf keinen Fall in den Haushaltsmüll landen! Sie müssen fachgerecht beim Elektronikhändler, in Sammelbehältern in Lebensmittelgeschäften oder beim Wertstoffhof des Stadtservice entsorgt werden.