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Stadt Offenbach

Main, Naturschutzgebiet "Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben", Kuhmühlgraben und Entensee

Luftaufnahme des Schultheis-Weihers

Der Main

Als größter rechtsseitiger Nebenfluss fließt der Main auf einer Strecke von 524 Kilometern dem Rhein zu. In einer knapp 11 Kilometer langen, mächtigen Doppelschleife, die bei Rumpenheim beginnt und am Stauwehr Offenbach unterhalb des Hafens endet, liegt sein linkes Ufer im Gebiet Offenbachs. Mit gemächlicher Strömung fließen im Durchschnitt in jeder Sekunde etwa 200 Mainwasser an unserer Stadt vorbei. In sehr trockenen Sommern sinkt diese Menge gelegentlich auf weniger als 50 m³/sec; schwere Hochwässer, lassen sie auf über 2000 m³/sec ansteigen, so dass es zu großflächigen Überflutungen kommt.

Um auch während Trockenperioden Schiffsverkehr zu ermöglichen, wurde der Main schon Ende des 19. Jahrhunderts begradigt, in seinem Querschnitt eingeengt und durch Wehre mit Schleusenanlagen aufgestaut. Für die noch bis in die 1960er Jahre auf dem Main in großem Umfang betriebene Flößerei wurden an den Stauanlagen eigens Floßgassen eingerichtet. Reste eines solchen Bauwerkes sind im Rumpenheimer Mainbogen noch heute zu erkennen. Durch die umfangreichen Einbauten wurde aus dem ursprünglich fischreichen Wildfluss eine Kette von strömungsarmen Stauseen. Als Bundeswasserstraße ist der Main heute Teil des europäischen Binnenschifffahrtsweges, der den Atlantik mit dem Schwarzen Meer verbindet.

Bis in die 1980er Jahre war der Main durch ungereinigte Abwässer aus Industrie und Anliegergemeinden erheblich belastet, seine Fauna verarmt. Bei hochsommerlichem Niedrigwasser kam es durch Aufheizung des aufgestauten Wassers zu Fäulnisvorgängen mit Sauerstoffarmut und großen Fischsterben. Als Erfolg weitgehender Abwasserreinigungsmaßnahmen der Anliegergemeinden ist die Wasserqualität heute wieder so gut, dass seit Ende des 19. Jahrhunderts verschwundene Wassertiere den Main wieder besiedelt haben und die Mainaue neben dem südlich der Stadt liegenden Waldgürtel für Offenbach und Frankfurt ein wichtiges Naherholungsgebiet ist. Wassersportarten wie Rudern, Kanusport und Segeln haben hier lange Tradition.

Welche Auswirkungen die Einschleppung fremdländischer Wasserorganismen
durch den internationalen Schiffsverkehr oder unbeabsichtigte Freisetzung
aus Ziergeflügelhaltungen auf das Flussökosystem haben wird, kann derzeit noch nicht eindeutig beurteilt werden. In großen Scharen auftretende Nil- und Kanadagänse, die gegenüber kleineren Enten, Bläss- und Teichrallen während der Brutzeit aggressiv ihre Reviere verteidigen, Hunderte von Schalen ostasiatischer Körbchenmuscheln in Spülsäumen am Ufer sind aber auch für Laien sichtbare Indizien für die Veränderungen der ursprünglichen Tierwelt des Mains durch menschliche Eingriffe.

Für die Wanderflüge nordeurasischer Wat- und Wasservögel zwischen ihren skandinavischen und sibirischen Brutgebieten und den Winterquartieren in Südwesteuropa und Afrika sind die Auen von Rhein und Main wichtige Zugwege und Raststätten. Die Mainstrecke zwischen Rumpenheim und Mühlheim ist für den Vogelzug eine wichtige Zwischenstation im Zentrum der Untermainebene. In milderen Wintern verweilen manche Arten hier sogar bis zum Frühling. Deshalb wurde dieser Mainabschnitt in Verbindung mit dem Naturschutzgebiet „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben“, im Volksmund Schultheis-Weiher, durch die Hessische Landesregierung als Vogelschutzgebiet von europäischer Bedeutung ausgewiesen. Große Schwärme von Reiherenten und Tafelenten suchen zur Zeit des Vogelzuges tauchend nach Wasserschnecken und Muscheln.

In den letzten Jahren konnten hier in zunehmendem Maße überwinternde Graugänse beobachtet werden. Durch Baumaßnahmen der Schifffahrtsverwaltung zur Strömungslenkung sind zwischen der Mündung der Rodau bei Mühlheim und der Autofähre am Rumpenheimer Schloss beruhigte Uferbereiche entstanden. In den Ufergebüschen wuchert wilder Hopfen, und die Nachtigall lässt ihren stimmungsvollen Gesang hören. Täglich folgen große Scharen von Lachmöwen dem Flusslauf auf dem Weg zwischen ihren Übernachtungsplätzen und Brutquartieren im Westen Frankfurts und ihren Nahrungsbiotopen im östlichen Untermaintal.

Während die alten Ortsteile Rumpenheim und Bürgel hinter dem anfangs des 20. Jahrhunderts errichteten Hochwasserdeich noch eher dörflichen Charakter haben, bezeugen die alten Industrieanlagen am Ortsende Bürgels, der Blick auf die Hochhäuser der Innenstadt und die alten Hafenanlagen, dass Offenbach die größte hessische Stadt am linken Mainufer ist. Die zwischen Bäumen hervorleuchtende schlichte Nordseite des Isenburger Schlosses, des größten Gebäudes aus Offenbachs vorindustrieller Periode, lässt kaum vermuten, dass dessen Südfassade eines der wichtigsten Baudenkmäler der Renaissance nördlich der Alpen ist.

Kuhmühltal mit Kuhmühlgraben

Zwischen dem Ortsteil Bürgel und der nordöstlichen Innenstadt erreicht die Wiesenaue des Kuhmühltals von Osten kommend den Main. Durch die Uferbefestigung verdeckt, mündet hier unter dem Mainwasserspiegel in einer kleinen Bucht der Kuhmühlgraben. Das Wiesental des Kuhmühlgrabens ist ein verlandeter ehemaliger Mainarm. Noch im 19. Jahrhundert teilte sich bei starkem Hochwasser der Main zwischen Mühlheim und Rumpenheim. Ein Teil zweigte links ab und strömte südöstlich an Rumpenheim und Bürgel vorbei. Südlich von Bürgel vereinigte er sich wieder mit dem stärkeren westlichen Arm. Bei starkem Hochwasser des Mains kommt es im unteren Kuhmühltal zur Überflutung der Wiesen. Solche Situationen lassen erahnen, wie der zweiarmige Main in früheren Jahrhunderten ausgesehen haben könnte.

Durch die Errichtung des Hochwasserdeichs zwischen Rumpenheim und Mühlheim wurde Ende des 19. Jahrhunderts dieser Abflussweg versperrt. Am linken Böschungsfuß der alten Talsenke verläuft vom nordwestlichen Rand der Mühlheimer Altstadt bis zur Mündung in den Main der Kuhmühlgraben als schmales, durch starken Pflanzenwuchs geprägtes Rinnsal mit einer Gesamtlänge von etwa 3 km. Der Rückgang der Jahresniederschläge im Verlauf der letzten 150 Jahre, die Überbauung seines Grundwassereinzugsgebietes in Mühlheim und Waldheim und die allgemeine Absenkung des Grundwasserspiegels der Mainaue durch Vertiefung der Schifffahrtsrinne haben dazu geführt, dass heute der etwa 1300 Meter lange Abschnitt östlich des Bischofsheimer Weges im Sommer oft trocken fällt.

Die eigentliche Quelle am nordwestlichen Stadtrand von Mühlheim fließt nur noch selten in ungewöhnlich nassen Jahren, und der Graben führt nur noch Sickerwasser aus den höher liegenden Nachbarflächen ab. Erst nach Unterquerung des Bischofsheimer Weges fließt im Graben ganzjährig Wasser. Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass die Wasserkraft des Kuhmühlgrabens noch im 19. Jahrhundert für den Betrieb mehrerer Mühlen ausreichte. Nach einem Lauf von 1100 Metern nimmt er unterhalb der zu Mühlheim gehörenden Siedlung Rote Warte von rechts den Abfluss des etwa 150 Meter entfernten Biebernsees auf.

Westlich des Grabens, am Rand des Geleitsweges, ist hier noch ein kleiner Rest von Auwald mit feuchten Mulden vorhanden. Trotz der schlechteren Wasserversorgung zählen die Mähwiesen des Kuhmühltales mit reicher Flora und seltenen Insektenarten noch immer zu den wertvollsten Biotopen Offenbachs. Kurz vor der Mündung in den Main wird im verrohrten Abschnitt unter der Kettelerstraße das Wasser des Hainbachs in den Kuhmühlgraben geleitet. Wegen seiner Lage in einem eingezäunten Industriegelände ist dieser stärker strömende Abschnitt jedoch derzeit nicht zugänglich. Durchgängig vorhandene Uferbefestigungen verhindern dort noch immer die Entwicklung eines naturnahen Gewässerlebensraumes.

Routenergänzung 1A:Entensee und Schultheis-Weiher

In Höhe der ehemaligen Rumpenheimer Floßgasse liegt südlich des Hochwasserdeichs das Naturschutzgebiet „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben“, im Volksmund „Schultheis-Weiher“ genannt. Dieses Naturschutzgebiet ist Teil des Vogelschutzgebiets von europäischer Bedeutung „Main bei Mühlheim und Naturschutzgebiet Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben“. Auf einer Gesamtfläche von über 30 Hektar wurde hier zwischen 1929 und 1980 von der ortsansässigen Firma Schultheis Sand und Kies bis unter den Grundwasserspiegel abgebaut. Über die Hälfte der ausgekiesten Flächen wurde mit Erdaushub und Bauschutt wieder verfüllt.

Die zeitweilig sehr schlechte Wasserqualität des benachbarten Mains und die bevorzugte Lage im Durchzugsgebiet vieler Wasservogelarten führten dazu, dass auf dem 11 Hektar messenden Gewässer zur Zugzeit große Schwärme von Enten, Gänsen, Wat- und Tauchvögeln, Möwen und Reihern Nahrung suchten und erst weiter nach Süden zogen, wenn im Winter die Vereisung einsetzte. Um diesen wichtigen „Trittstein“ des Vogelzuges dauerhaft zu bewahren und gleichzeitig ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Offenbacher Bevölkerung zu sichern, wurde 1983 in einem beispielhaften Kompromiss eine Fläche von insgesamt 26,6 Hektar als Naturschutzgebiet mit einem öffentlichen Badestrand im südlichen Uferbereich ausgewiesen. Der nördliche Bereich wurde teilweise aufgeforstet, aufgefüllte Flächen neu gestaltet und durch einen Zaun gegen Störungen geschützt. In dem für die Naherholung freigegebenen Südabschnitt wurde auch das Angeln gestattet.

Rückblickend kann nach über 30 Jahren festgestellt werden, dass die seinerzeit für ganz Hessen beispiellose Kombination von Naturschutz und Naherholung gelungen ist. Funde von Bodenverunreinigungen in den ersten Jahren und die Notwendigkeit, durch aufwändige Maßnahmen die Wasserqualität durch regulierende Eingriffe in den Fischbestand und die Gewässervegetation zu stabilisieren, können das insgesamt positive Fazit nicht trüben.

Der Entensee

Als letzter Rest eines weiteren ehemaligen Mainarmes liegt in einer flachen Mulde nördlich des Ortsteils Bürgel, etwa 300 Meter südöstlich des Schultheis-Weihers der Entensee, früher auch „Großer See“ genannt. Überwiegend umgeben von dichten Gehölzen und vollständig eingezäunt, ist dieses flächenhafte Naturdenkmal derzeit nicht zugänglich. Wechselnde Wasserstände haben schon im 19. Jahrhundert zu zeitweiligem Trockenfallen geführt, doch konnten dort bis in die jüngere Vergangenheit mehrere sehr seltene Wasserpflanzenarten gefunden werden. Auch als Brut- und Rastplatz für einige in Offenbach inzwischen ausgestorbene Vogelarten war der Entensee in Fachkreisen früher wohlbekannt. Sinkender Grundwasserspiegel und Nährstoffeinträge aus der Umgebung haben im Lauf der letzten 50 Jahre zu einer Beschleunigung des Verlandungsprozesses geführt. Schilf und andere Röhrichtpflanzen haben den größten Teil der Wasserfläche erobert und können mit vertretbarem Aufwand nicht mehr zurückgedrängt werden.

In kontrovers geführten Diskussionen über Wege und Methoden des Naturschutzes wird oft vergessen, dass ein derartiger Prozess, auch wenn er hier schneller als in der von Menschen unbeeinflussten Natur verläuft, ein natürlicher Prozess ist, in dessen Verlauf aus einem Lebensraumtyp, dem offenen Altwasser, als neuer Lebensraumtyp ein Sumpf mit artenreicher Röhrichtgesellschaft und charakteristischer Tierwelt entsteht. Vor der Regulierung der Flüsse in Mitteleuropa konnten derartige Prozesse in allen Auen beobachtet werden: Mit jedem Hochwasser entstanden Uferabbrüche, Sand- und Kiesbänke neu. Das fließende Wasser schuf sich neue Fließrinnen, und Altwässer entstanden durch Verlegung der alten Fließwege. Die Kanalisierung des Mains hat diese natürliche Landschaftsdynamik verhindert, doch wurden durch Sand- und Kiesgewinnung im benachbarten Schultheis-Weiher Uferabbrüche, Sand- und Kiesbänke künstlich geschaffen. Andererseits vollzog sich auch der jetzt am Entensee zu beobachtende Verlandungsprozess in der Mainaue seit dem Ende der letzten Eiszeit an wechselnden Standorten ständig neu.

Stand August 2021

Text stammt aus der Broschüre "Offenbach und seine Gewässer - eine mehr als tausendjährige Beziehung" aus dem Jahr 2016



Amt für Umwelt, Energie und Klimaschutz

Stadt Offenbach am Main - Kaiserpalais
Kaiserstraße 39
63065 Offenbach

Hinweise zur Erreichbarkeit

S-Bahn-Linien 1, 2, 8, 9 (Haltestelle Offenbach Marktplatz) Buslinien 103, 104, 108, 551, 41 (Haltestelle Rathaus)

Weitere Hinweise

Parkhaus KOMM, Parkhaus IHK Offenbach, Parkgarage Rathaus, Öffentliche Parkplätze am Mainufer

Öffnungszeiten

Montag - Freitag:
09:00 - 12:00 Uhr

und nach Vereinbarung

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