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Stadt Offenbach

Lernen neu gedacht: Im Emmy-Noether-Gymnasium gehen die Uhren anders

14.12.2023

Schulgemeinde der Emmy-Noether-Schule.

Frischer Wind weht seit Anfang September durch die Offenbacher Schullandschaft, denn mit dem Start des neuen Schuljahrs nahm auch das Kollegium der Emmy-Noether-Schule seine Lehrtätigkeit auf. Neunzig Kinder gehen seitdem in das neue Gymnasium am alten Bildungsstandort im Nordend, denn noch ist der Neubau im Quartier 4.0 auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs im Planungsstadium. Bis das Gebäude nach den Plänen der in München ansässigen Arbeitsgemeinschaft Hess/Talhof/Kusmierz Architekten und Stadtplaner mit Burger Landschaftsarchitekten in geplant vier Jahren bezugsfertig ist, unterrichten Schulleiter Georg Rübensam und sein Team im ehemaligen Gebäude der Fröbelschule in der Goethestraße. Dieses wurde seit deren Umzug in die Mühlheimer Straße größtenteils entkernt, alles riecht noch neu und frisch. Derzeit gibt es drei fünfte Klassen, die anderen Räume füllen sich in den nächsten Jahren mit Leben.  

Zusammen wachsen: Schulleiter Georg Rübensam und Ko-Rektorin Jana Rehberg beim Infotag in der Emmy-Noether-Schule.

„Zusammen wachsen“ ist das Motto der Schule und das will Rübensam durchaus mehrdeutig verstanden wissen. „Neben individuellen Lernerfolgen geht es um das miteinander lernen, natürlich, aber auch um das gemeinsame Wachsen an diesem Bildungsort, Eltern eingeschlossen“, erklärt er. Deshalb habe er schon vorher mit einem fünfköpfigen Team an der inhaltlichen Konzeption der Schule gearbeitet, etwa eineinhalb Jahre Arbeit lagen vor dem offiziellen Dienstantritt als Schulleiter bereits hinter ihm. Zusammen mit seiner Ko-Rektorin Jana Rehberg hat er während der gemeinsamen Tätigkeit im Staatlichen Schulamt über Schulentwicklung nachgedacht. Da hatte er schon zehn Jahre Deutsch und Politik am Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasium unterrichtet und baute auf diese Überlegungen nach seiner fünfjährigen Tätigkeit als Fachbereichsleiter an der Offenbacher Albert-Schweitzer-Schule auf.  

Für die neue Schule schauten er und sein Planungsteam sich unterschiedliche Schulen in der Bundesrepublik an, die mit dem Schulpreis ausgezeichnet wurden, suchten sich die besten Lösungen heraus und feilten an ihrem Konzept. Darin, dass an der neuen Schule einiges anders sein sollte, waren sich alle von Anfang an einig, Rückendeckung kam von der Politik. Entstehen sollte ein Lernort, der über die Wissensvermittlung hinausgeht, an dem Kinder sich wohl fühlen und ihren Stärken und Schwächen entsprechend gefördert werden. Dafür, dass die Kinder die Schule mit dem Abitur als mündige Bürger verlassen, braucht es andere Konzepte, ist Rübensam sicher und fügt schmunzelnd „und Überzeugungstäter“ hinzu. Schließlich sind außerschulische Aktivitäten wie der gemeinsame Besuch eines Flutlichtspiels der Offenbacher Kickers oder des Capitol-Theaters im Januar keine Selbstverständlichkeit. „Viele Kinder waren noch nie im Stadion oder haben noch nie eine Theaterinszenierung erlebt“, sagt er, „da wollen wir Türen aufstoßen und das Lernen in der Schule ergänzen.“ Wir, das ist das aktuell 14 Mitglieder zählende Kollegium, in dem zufällig beide Geschlechter paritätisch vertreten sind, der Altersdurchschnitt bei 40 Jahren liegt und dass die gemeinsame Arbeit eint. 

Beim Frühstück fängt „Zusammen wachsen“ an

Deren Unterrichtstag beginnt morgens um 8 Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück im Klassenverband. Wasser, Tee und Obst stellt die Schule, damit haben alle den gleichen Start. Bis 8.30 Uhr werden zusammen die „Logo-Nachrichten“ geschaut, danach erst beginnt der Unterricht. Dann sind die Kinder wach und aufnahmefähig, was auch neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Bis 16 Uhr dauert der Unterricht, dabei wechseln AGs´ mit Hauptfächern in 90minütigen Blöcken bis in den Nachmittag hinein. Jeweils ein FSJler und ein Schulsozialarbeiter sind unterstützend dabei. Hausaufgaben gibt es keine, dafür Lernzeiten und Wochenpläne. Auch Schulbücher müssen die Schülerinnen und Schüler der Emmy-Noether-Schule nicht tragen, sondern können diese ganz bequem auf ihrem schuleigenen I-Pad lesen. „Analoge Bücher gibt es aber natürlich auch“, beruhigt der Schulleiter, „in jedem Klassenschrank gibt es Kinderromane in deutscher und englischer Sprache, außerdem haben wir eine Schulbibliothek und eine Kooperation mit der Stadtbibliothek.“

Auch bei der Zusammensetzung der einzelnen Klassen wurde einiges anders gemacht: So fand nach den Sommerferien in der ersten Woche kein Unterricht statt, sondern wurden die drei Klassen in vier Gruppen aufgeteilt und das soziale Miteinander beobachtet sowie der individuelle Lernstand diagnostiziert.  Erst dann wurden die Klassen zusammengestellt. Natürlich seien auch Wünsche berücksichtigt worden, aber Ziel war, möglichst homogene Gruppen zu bilden, die dem Lernerfolg jedes einzelnen Kindes zugutekommen. Noch lasse sich kein abschließendes Urteil bilden, so Rübensam weiter, aber bisher gebe es wenig Grund zum Zweifel, die Homogenität in der Heterogenität funktioniere gut. Einmal in der Woche, immer freitags ab 14 Uhr, tauschen sich die Pädagogen miteinander aus und können gegebenenfalls schnell gegensteuern. 

Emmy-Noether-Schule beim Anti-Rassismustag in Frankfurt.

Raum für eigene Wege 

„Ich bin in Lehre und Forschung immer meinen eigenen Weg gegangen“, lautet ein spätes Zitat der namensgebenden Mathematikerin. Mit der Emmy-Noether-Schule schließen wir eine Lücke, denn sie ist die einzige weiterführende Schule, bei der alle Klassen im Profil III sind, wagen aber auch ein Experiment, neue Wege im Lernen und Lehren zu beschreiten. Die Uhren gehen dort anders und auch die gute Resonanz seitens der Eltern zeigen, dass es Zeit für neue Konzepte ist“, sagt Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß. Schulen mit einem dem Profil III entsprechenden Ganztagsangebot werden als Ganztagsschulen bezeichnet. Sie bieten an fünf Tagen pro Woche in der Zeit von 7:30 Uhr bis 16 oder 17 Uhr Betreuung, Unterricht sowie verpflichtende Ganztagsangebote an. Zu den Angeboten zählen Forder- und Förderkurse, Wahlangebote sowie den Unterricht ergänzende und erweiternde Arbeitsgemeinschaften, die Betreuung von Hausaufgaben Lern- und Übungszeiten sowie die Teilnahme an offenen Sport- und Spielgruppen.

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