Schultheis-Weiher - unwillkommene Gäste und Dünger vom Acker
Ein komplexes System aus physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen entscheidet darüber, ob Lebewesen im Weiher existieren können. Größtes Problem ist die Masse aus Phosphat, weil es zur Algenblüte führt und dem Wasser damit Sauerstoff entzieht.
Viele Interessen kommen am Schultheis-Weiher zusammen: Für eine Stadt ohne eigenes Schwimmbad ist der See als zweite Möglichkeit zum Baden wichtig. Für die Angler ist der See ein Rückzugsort für ihr beschauliches Hobby. Seit der Definition als Naturschutzgebiet sind die Bürgeler und Rumpenheimer Kiesgruben einschließlich des Weihers nicht nur Heimat für einheimische Wasservögel, Fische, Muscheln und andere, sondern vor allem auch wichtige Rast-Station für Vögel auf der Durchreise - und dabei von europaweiter Bedeutung.
Doch Umwelt- und Klimaeinflüsse sowie invasive Arten machen es immer schwerer, den Weiher für die verschiedenen Nutzungen zu erhalten. Denn dazu wäre eine Stabilität bei den Sauerstoffwerten, dem PH-Wert, dem Nährstoffanteil und auch der Wassertemperatur und des Wasserstandes notwendig. Gerade letzteres ist stark vom Wetter abhängig und hier spürt Offenbach in den letzten Jahren den Klimawandel.
Bereits 2014 gingen die Niederschläge - aus denen der Weiher sein Frischwasser neben dem Grundwasserstrom erhält - massiv zurück. 2018 gab es einen ähnlichen Rückgang - nur rund halb so viel Regen und Schnee gelangte in den Weiher wie im Vorjahr. Dafür nahmen heiße Tage zu: Waren es 2014 nur 8 Tage über 30 Grad Celsius, heizte die Sonne 2018 an vierzig Tagen das Wasser im Weiher auf. In 2019 wurde bereits einmal eine Wassertemperatur von 30 Grad gemessen. Die Sonnenstunden liegen schon nach dem ersten Halbjahr bei 1233 - 2014 waren es insgesamt 1549.
Phosphat führt zur Überdüngung des Weihers
Zu viel Phosphat im Schultheis-Weiher führt zu einem immer wiederkehrenden Kreislauf: Es heizt die Cyano-Bakterien-Vermehrung explosionsartig an, sobald die Temperaturen hoch genug im Wasser sind. Wasserpflanzen, die Sauerstoff produzieren aber dafür Licht brauchen, können unter der dichten grünen Decke aus Cyano-Bakterien nicht wachsen.
Dann muss ein Badeverbot erlassen werden, weil die Bakterien ein Toxin produzieren, das Hautausschläge verursachen kann. Besonders Kinder sind gefährdet, weil sie häufig Wasser verschlucken.
Sinken die Temperaturen dann unter 18 Grad im Wasser, sterben die Cyano-Bakterien ab - doch auch damit verschärfen sie die Situation: Beim Zersetzungsprozess der großen Menge an Biomasse wird der Sauerstoff im Weiher großflächig aufgebraucht.
Verstärkt wird der Effeckt des Kreislaufs der Cyano-Bakterien durch invasive Krebse: Sie vertilgen die sauerstoffproduzierenden Wasserpflanzen und sorgen damit für noch mehr zu zersetzende Biomasse im Wasser.
Die Angler könnten sich über viel Phosphat aus Biomasse freuen, denn davon werden auch die Fische gemästet und groß. Geht jedoch der Sauerstoff wie im Juni zur Neige, wird der See hypertroph und ist dann für Fische kein guter Aufenthaltsort. Nur die stärksten können in Randbereichen überleben, wo Sauerstoff aus der Luft noch ins Wasser gelangt.
Je nach Wetterlage kommt es immer wieder zu hohen Wassertemperaturen und im Wasser befindet sich kaum noch Sauerstoff - das wechselt mit hoher Sauerstoffkonzentration und niedrigeren Temperaturen. Mit steigenden Temperaturen starten die Cyano-Bakterien erneut durch.
Früher war der See in einem eutrophen Zustand: Das heißt es gab flächendeckend Muscheln am Seegrund vor rund 10 Jahren, zu den Fischarten zählten Karausche, Schleie, Brachse,Bitterling, Aal und Hecht. Auch Laubfrösche waren am See heimisch - ebenso wie viele Pflanzen die Sauerstoff ebenso wie Plankton.
Der ideale Zustand für einen ehemaligen Baggersee wäre ein mesotropher Zustand: Das im Wasser gelöste Phosphat bleibt unter 35 Mikrogramm pro Liter. Das Wasser wäre klar bis zum Grund mit vielen Unterwsserpflanzen und Muscheln. Ohne das Phosphat haben die Cyano-Bakterien keine Chance, sich explosiv zu vermehren. Doch von 2010 bis 2015 lag der Phosphat-Gehalt bei 80 Mikrogramm pro Liter im Durchschnitt. 2018 bis 2019 lag der Phosphat-Wert im Durchschnitt bei 140 Mikrogramm pro Liter - zeitweise wurden sogar Werte über 200 Mikrogramm pro Liter gemessen.
Der Weg des Phosphats
Deutlich sichtbar sind die Spuren der Wasservögel am Weiher: Kormorane, Nilgänse und Kanadagänse hinterlassen ihre Stoffwechselprodukte im Wasser und auf dem Sandstrand - von wo das Phosphat ebenfalls ins Wasser sickert. Das wäre im Prinzip ein natürlicher Vorgang - wenn die eingewanderten Arten sich nicht so rasant vermehren und nur in großen Gruppen auftreten würden. Bis zu 20 Kilogramm pro Jahr an Phosphat landen so im Weiher. Unsichtbar aus der Atmosphäre kommen noch einmal drei Kilogramm dazu.
Die Erfolge bei der Regulierung des Phosphat-Gehaltes im Weiher in den Jahren ab 2008 wurden mit einer Fällung erzielt: Dabei wird das Phosphat mit Eisen-III-Sulfat gebunden und sinkt zum Grund des Weihers ab. Durch die veränderte Sauerstoffsituation hat sich 2019 der Weiher in zwei verschiedene Wasserschichten geteilt: Unten war kein Sauerstoff mehr im Wasser - in den oberen Schichten gab es noch Sauerstoff. Kombiniert mit einem durch die Cyano-Bakterien veränderten PH-Wert veränderte sich damit die chemische Situation im Weiher so, dass das am Eisen gebundene Phosphat sind jetzt wieder ins Wasser lösen kann. Je nach Witterung und Entwicklung der Bakterien können so 5 bis 30 Kilogramm Phosphat vom Grund wieder ins Wasser gelangen.
Von außen ebenfalls nicht erkennbar ist, dass der Schultheis-Weiher vom Grundwasser gespeist wird und dabei messbare Ströme unterirdisch verlaufen. Die in der Landwirtschaft verwendeten Düngemittel gelangen im Laufe von Jahrzehnten hinunter ins Grundwasser und lagern sich dort ab. Als Phosphat fließen sie mit dem Grundwasser dann in den Weiher - bis zu 15 Kilogramm pro Jahr. Diesem Schicksal entgeht ein benachbarter kleinerer Teich, der früher mit dem Schultheiß-Weiher verbunden war: Die Strömungen fließen an ihm vorbei.
Insgesamt gelangen so pro Jahr mindestens 43 Kilogramm Phosphat in den See - in manchen Fällen bis zu 68 Kilogramm.
Amt für Umwelt und Klima
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