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Stadt Offenbach

Vom Schicksal einer Jüdin

Ein schlichter, weitgehend unbearbeiteter Grabstein erinnert auf dem Alten Friedhof in Offenbach an Hedwig Stein (1898-1943). Die erste Frau von Erwin Stein, der als einer der Väter der Hessischen Verfassung gilt, floh vor der Gestapo in den Tod.

Das Paar heiratete 1931 in Offenbach und wohnte danach in Büdingen, wo Erwin Stein seine erste Stelle als Staatsanwalt antrat. Anfang 1933 verdüsterte sich die Lage. Da seine Gattin Jüdin war, bat Stein um Entlassung aus dem Staatsdienst und war fortan als Rechtsanwalt in Offenbach tätig. Seine Kanzlei war für viele jüdische Bürgerinnen und Bürger eine Anlaufstelle vor ihrer Emigration. 

Neben ihrem Grabmal erinnert in Offenbach auch ein Stolperstein an Hedwig Stein.

Ehemann diente später als Kultusminister

Hedwig Stein, geb. Herz, erklärte 1934 ihren Austritt aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Dennoch litt das Paar unter Repressalien und plante daher seine Flucht ins Ausland – doch die Auswanderung in die Schweiz oder die USA ließ sich nicht mehr realisieren. Im März 1943 erhielt Hedwig Stein ein Schreiben von der Gestapo. Offenbar ahnte sie, was ihr bevorstand: Im Jahr zuvor war ihre Schwester Lilly Herz Richtung Osten deportiert worden, und seitdem hatte sie nichts von ihr gehört. Angesichts der drohenden Deportation in ein Konzentrationslager nahm sich Hedwig Stein am 23. März 1943 in der Domstraße 74 das Leben. Seit August 2023 erinnert dort ein Stolperstein an sie.

Ihr Mann Dr. Erwin Stein wurde von der Wehrmacht als Soldat eingezogen. Nach dem Krieg engagierte er sich in der CDU, er diente als hessischer Kultusminister und war Mitglied im Verfassungsausschuss. Von 1951 bis 1971 gehörte Stein als Richter dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts an. Er engagierte sich für den Aufbau eines demokratischen und freiheitlichen Staates – wohl auch im Bewusstsein des traurigen Schicksals seiner Frau Hedwig.

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