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Stadt Offenbach

Neues Gymnasium soll nach der Mathematikerin Emmy Noether benannt werden

04.05.2023

Aufgrund der steigenden Schülerzahlen gründet die Stadt zum kommenden Schuljahr 2023/2024 ein neues, viertes Gymnasium. Der Unterricht startet nach den Sommerferien zunächst übergangsweise in dafür ertüchtigten Räumen an der Goethestraße. Zum Schuljahr 2027/2028 soll die Schule dann in einen modernen Neubau am früheren Güterbahnhof in Offenbach-Ost umziehen. Nun hat der Magistrat einen Namensvorschlag zur Beschlussfassung in die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung eingereicht: Demnach soll das neue Gymnasium nach der Mathematikerin Emmy Noether benannt werden. Das ist das Ergebnis der Namensfindung durch das pädagogische Planungsteam. 

Mathematik-Professorin und Begründerin der modernen Algebra

Emmy Noether lehrte als erste Professorin Mathematik an deutschen Universitäten, spielte eine große Rolle auf dem Gebiet der Wissenschaft und genießt damals wie heute hohe wissenschaftliche Anerkennung. So gilt sie beispielsweise als Begründerin der modernen Algebra: „Da das neue Gymnasium einen MINT-Schwerpunkt erhalten wird, ist es sinnvoll, die Schule nach einer Persönlichkeit zu benennen, die sich in diesen Wissenschaftsbereichen einen Namen gemacht hat“, erläutert Schul- und Baudezernent Paul-Gerhard Weiß. MINT steht als Akronym für Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Er verweist darauf, dass Albert Einstein die Namensgeberin Emmy Noether in einem Nachruf als das „bedeutendste schöpferische, mathematische Genie seit der Einführung der höheren Bildung für Frauen“ gewürdigt hat.

Emmy Noether wurde 1882 in Erlangen geboren und entstammte einer liberalen, jüdischen Familie, für die es selbstverständlich war, dass auch Töchter eine hohe Bildung genießen sollten. 1903 begann sie ihr Studium in Göttingen und führte es ab 1904 in Erlangen fort, nachdem Frauen kurz zuvor in Bayern für das Studieren zugelassen worden waren. 1907 schloss sie es mit einer Promotion über Invariantentheorie bei Paul Gordan mit der Note summa cum laude ab. Als zweite Deutsche überhaupt promovierte sie an einer deutschen Universität in Mathematik.

1915 beantragte sie in Göttingen ihre Habilitation und löste damit intensive kontroverse Diskussionen aus, da es Frauen an preußischen Universitäten per Erlass grundsätzlich untersagt war zu habilitieren. Wegen ihrer hohen fachlichen Qualifikation und wissenschaftlichen Verdienste beantragte die Fakultät eine Ausnahmegenehmigung „für den vorliegenden, einzigartig liegenden Fall“, den der Minister 1917 aber ablehnte. Erst 1919, nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, konnte sie sich endlich als erste Frau in Deutschland habilitieren. Emmy Noether unterrichtete in den Folgejahren als unbezahlte Privatdozentin und nichtbeamtete außerordentliche Professorin, erst später erhielt sie einen Lehrauftrag mit geringer Bezahlung. Sie war damit die erste Frau in Deutschland, die eine solche Professur innehatte, eine ordentliche Professur blieb ihr aber verwehrt.

Nach einer Gastprofessur in Moskau 1928/29 und diversen Ehrungen, auch in Deutschland, wurde ihr als Jüdin nach der Machtergreifung der Nazis 1933 die Lehrbefugnis in Deutschland entzogen. Sie wanderte in die USA aus und lehrte dort weiter. 1935 starb Emmy Noether an den Komplikationen einer Operation.

Als jüdische Frau im Deutschland der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert musste sie, trotz ihrer offensichtlichen Begabung, wissenschaftlichen Qualität und hohen fachlichen Anerkennung enorme Widerstände überwinden. Dabei brillierte sie als Mathematikerin und als Lehrerin/Professorin nicht nur in Deutschland, sondern auch in Moskau und den USA. Mit Klugheit, Zielstrebigkeit, Fleiß und Engagement setzte sie sich durch. „Emmy Noether kann für Schülerinnen und Schüler in Offenbach in vielerlei Hinsicht als Vorbild dienen und die Benennung der Schule nach ihr wäre ein wichtiges Zeichen“, so Weiß abschließend.

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