Stille, komm‘ hernieder

Die Natur spiegelt diesen Zustand in der dunklen Jahreszeit: Es gibt die Stille Nacht, still ruhende Seen und den altmodischen Begriff der Winterstille, die nun langsam beginnt: Das Leben kommt zur Ruhe. Pflanzen wachsen nicht mehr, viele Tiere machen einen Winterschlaf, auch die meisten Menschen haben ein stärkeres Bedürfnis, sich zurückzuziehen und innezuhalten. Gerade im November zünden wir Kerzen an, wir werden still – und schauen, was passiert. Steigt eine Bitte in uns auf – oder Dankbarkeit? Geht es um ein Loslassen, ein Empfangen – oder beides? 

Die Stille kann uns beredte Zeichen geben, was uns gerade, ganz individuell, bewegt. Daher spielt das stille Gebet in verschiedenen Religionen eine wichtige Rolle. Manche nehmen auch „in aller Stille“, also im kleinsten Kreis, Abschied von ihren Angehörigen. Im Alltag wächst die Sehnsucht nach mehr Ruhe: So gibt es mittlerweile Räume der Stille im Bayerischen Landtag und im Brandenburger Tor, am Frankfurter Flughafen (seit Sommer 2022 an beiden Terminals) und der Goethe-Universität. Auf den Friedhöfen, mitten in der Natur lässt sich die stille Einkehr noch unmittelbarer erfahren. Und womöglich fällt es danach leichter, die innersten Gedanken und Gefühle mit lieben Menschen im Außen zu teilen.